oft gehört

Kleine Anmerkungen von Bernd Bauer

Blues ist immer so traurig und macht mich depressiv.

Stimmt nicht. Die Texte sind oft sehr witzig und ironisch, und der Groove kann ganz schön abgehen. Da gibt es viele Bluessongs, die wirklich Laune machen und dich zum Tanzen bringen.

Andererseits: Niemand ist immer im fortwährenden Partymodus, jeder macht sich mal Sorgen, ist traurig oder fühlt sich alleine. Blues reflektiert dein Empfinden auf einfache, authentische Weise und kann dir helfen, auch negative Gefühle in dein Leben zu integrieren. Ein trauriger Song zur richtigen Zeit tut gut. Mir geht es jedenfalls so und deshalb liebe ich den Blues.

Blues ist so simpel und langweilig, immer die gleichen drei Akkorde.

Stimmt leider auch nicht. Wir spielen zum Beispiel auch einige Songs, die nur einen Akkord haben. Ob du es glaubst oder nicht, es gibt auch jede Menge Bluessongs mit mehr als den berühmten drei Akkorden und sie sind auch nicht immer im allseits bekannten 12-Takte-Schema geschrieben. Das galt schon für den frühen Prewar Country Blues, der wichtigsten Inspirationsquelle für unsere Band. Es gab schon damals viele unterschiedliche regionale Stile (wie Delta, Texas, New Orleans, Piedmont) mit sehr individuellen Bluesmusikern und Musikerinnen, die ihr eigenes Ding entwickelten und mit großer Virtuosität spielen konnten. Der Blues ist ein organisch gewachsener Musikstil, der auch nie Berührungsängste zu anderen in der jeweiligen Zeit angesagten Musikstilen hatte. Damals in den 20er bis 40er Jahren waren es zum Beispiel Jazz, Old Time Country Music, Gospel, Ragtime, Hawaiian Music, gut zu hören bei damaligen Bluesstars wie Charlie Patton, Lonnie Johnson, Big Bill Broonzy, Reverend Gary Davis, Leadbelly und viele andere mehr. Heute sind viele aktuelle Bluesmusiker und Bluesmusikerinnen offen für Elemente aus Musikrichtungen wie Folk, Jazz, Rock, Soul, Funk, R & B, Reggae. Wie zum Beispiel mein persönlicher Lieblingsmusiker Taj Mahal. Und – Blues bietet immer Raum für Improvisationen, Spontanität und gemeinsames Jammen. Blues ist wie eine einfache Sprache, die Musiker verbindet.

Wer will denn schon so altes Zeug hören?

Na ja, das ist eine gute Frage. Bei jungen Leuten gilt Blues nicht gerade als der hipste Trend, in Blueskonzerten dominieren häufig die grauen Häupter der Generationen, die Blues aus ihrer Jugendzeit von ihren damaligen Rockidolen kennen, wie Jimi Hendrix, Eric Clapton, Led Zeppelin und vielen anderen mehr. Die damalige Musikergeneration war ja noch stark vom Blues beeinflusst. Aktuell spielt Blues im Musikbusiness kaum eine Rolle, kommt im Radio und TV so gut wie nicht vor. Dennoch – in Zeiten von Youtube hat jeder der mag die Möglichkeit, Blues zu hören und vielleicht auch spielen zu lernen, es gibt ja jede Menge Video-Lessons.

Nach wie vor gibt es überall auf der Welt engagierte Bluesmusiker und Bluesmusikerinnen, auch hier in Deutschland. Es gibt Clubkonzerte, Sessions, Bluesfestivals, ein sehr schönes deutsches Magazin für Bluesfans (Blues News) und hier in München sogar einen Stammtisch für Bluesharp-Spieler.

Zum Schluss vielleicht noch ein Argument, warum man Blues hören sollte: Bob Dylan sagte einmal sinngemäß: Um die Gegenwart verstehen zu können, sollte man die Vergangenheit kennen. Dies bezog sich sicher auch auf die Musik, und Blues ist nun mal die vielleicht wichtigste Wurzel bei der Entwicklung der populären Musik im 20. Jahrhundert. Es lohnt sich, mal reinzuhören. Macht Spaß und berührt die Seele.

Also: Keep the Blues alive!